Leben geschieht als Ganzes. Wenn eine Blume sich öffnet, entfaltet sich jedes Blütenblatt. Schönheit und Duft, die in der Knospe verborgen waren, kommen ganz hervor. Wenn eine Frucht reift, wird sie in ihrer Ganzheit reif. Doch wir Menschen wachsen teilweise, bruchstückhaft. Wir pflegen und verfeinern Intellekt, Körper, physische Umgebung und psychologische Strukturen als Fragmente und sind uns noch nicht bewusst, dass ganzheitliches Leben eine Bewusstseinsdimension entfaltet, die wir noch nicht erforscht haben. Wenn wir den Impuls verspüren, voll und ganz zu leben als herrliche, vollständige, reife Ausdrucksformen der Menschheit, so müssen wir uns dem Leben öffnen, hellwach an jedem Morgen, der uns heraufdämmert.
Die faszinierende, bezaubernde Welt, die darauf wartet, sich mit uns auszutauschen – ist es möglich, sie wie zum ersten Mal wahrzunehmen?
Du stehst am Strand des Meeres, vielleicht bis zu den Knien im Wasser, und betrachtest den Himmel, den weiten Horizont, die Offenheit. Du lauschst den Vögeln, sie singen sich selbst zur Freude. Du lauschst, und die Töne haben eine Wirkung auf dich. Es geschieht etwas. Die einzige Voraussetzung ist, da zu sein. Kommunion findet statt in der Einfachheit deines Seins.
Lebens ist Poesie. Leben ist Musik. Unberührt vom Menschen, bergen die Klangschwingungen zwischen allem das existiert, ihre eigene Musik. Mutter Erde hat ihre eigene Sprache; Rchtum, Nektar, Farben, Beschaffenheit und subtile Rhythmen sind ihre Worte. Wenn du goldene Felder betrachtest – das Korn schon reif, aber noch nicht geerntet –, wenn du zu tanzenden Reis- oder Weizenfeldern sprichst, dann verstehst du die Sprache von Mutter Erde.
Sich mit dem Leben austauschen zu lernen, erfordert Demut. Bist du gefangen in der Arroganz des Wissens oder wiederholst mechanisch bestimmte Muster, so können Demut und Lernen nicht eintreten.
An einem wunderschönen Morgen gehst du im Wald. Du bist allein mit den Bäumen, mit dem Licht und dem Schatten, mit dem grünen Schimmern der vom Regen frisch gewaschenen Blätter, mit den Sonnenstrahlen, die zwischen dem jungen Blattwerk zu Boden tanzen. Du bist nicht gekommen, um etwas zu erreichen. Du bist gekommen, um mit den Bäumen zu sein, mit anderen Wesen.
Das Verstehen ist wie ein Gebirgsbach, der zwischen Felsen hindurchbricht, hervortanzt und sich seinen Weg bahnt. Wenn Verstehen dämmert, bahnt es sich seinen Weg durch dein Leben, es wandelt Einstellungen, Haltungen und Gewohnheitsmuster. Tiefgreifend dringt es vor, wie sanftes Wasser den Fels durchdringt. Wie der Gebirgsbach gewaltige Macht besitzt, so wohnt auch dem Verstehen unwiderstehliche Kraft inne. Dein ganzes Wesen ist beteiligt am Ereignis des Verstehens. Du wirst dir bewusst, dass du organisch in jedem Augenblick mit dem ganzen Universum verbunden bist. Auch wenn die vielen Aspekte des Lebens und die unendliche Vielfalt der Formen den Anschein von Dualität erwecken, schenkt das Verstehen dir doch ein Gewahrsein der zugrundeliegenden Einheit.
Hast du bemerkt, dass alle Wesen, die die Erde bevölkern, in gegenseitiger Wechselbeziehung stehen? Hast du die Gefährten bemerkt, mit denen wir leben – den Gefährten Ozean und die Flüsse? Wenn wir geschäftig in unser Stadtleben verwickelt sind, haben wir kaum Gelegenheit, ihre Anwesenheit zu spüren. Wir haben kaum eine Gelegenheit, in Dialog zu treten mit dem weiten Himmel und seinen Färbungen, mit dem Tageslicht und der Nacht, oder die Anwesenheit der Erde unter unseren Füßen zu spüren und fasziniert zu sein von ihrer Festigkeit, dem Halt der Schwerkraft, der Zartheit und der Härte des Bodens.
Wenn das Gespür für das Einssein des Lebens dämmert, wachsen Offenheit und Demut, findet Kommunion mit allen Manifestationen des Lebens statt. Das Leben ist ganz, wo und wann auch immer wir es berühren.
Hinweis: Neuer Film “Im Feuer der tanzenden Stille – Reflexionen mit Vimala Thakar” von Renata Keller
www.imfeuerdertanzendenstille.de
Die Gesänge (Ikaros) der Schamanen laden uns ein, die Lebendigkeit des Lebens mit all unseren Sinnen in all unseren Zellen wahrzunehmen und den Raum zu spüren, der alle Lebewesen in dieser Vibration verbindet. Wer sich näher für die Arbeit des Schamanen Metsa interessiert, findet dazu eine Sendung (in englischer Sprache) in unserem Archiv von Radio evolve: https://www.evolve-magazin.de/radio/songs-of-the-shaman/
Das Ikaro sunarai ist ein Mantra für die Spirits der Pflanzen. Es erweckt die Meisterkraft der Pflanzen. Die Pflanzen und ihre Energien werden gerufen, um das Energiefeld des zeremoniellen Raumes zu erfüllen (sunarai). Das sich wiederholende Muster dieses Ruf- und Antwortmantras erzeugt ein Feld von Pflanzenschwingungen, wo oder für wen es gesungen wird. Es ist ein bekanntes Ikaro von Don Solon Tello aus dem peruanischen Amazonasgebiet. Er war ein Meisterheiler seiner Zeit und benutzte ein Chacapa-Instrument (Blattrassel), das aus Raute (Ruta graveolens) hergestellt wurde. Er benutzte die kleinen Zweige sowohl der männlichen als auch der weiblichen Pflanze, um dieses Lied vorzutragen. Das Weibliche und das Männliche werden hier durch die beiden Stimmen von Kapomo und Metsa repräsentiert.
Einige Gedanken von Metsa zur Arbeit mit den Mantras:
»Während ich singe, halte ich die Ausrichtung in meinem Körper aufrecht, indem ich aufrecht sitze. Ich halte eine meditative Beziehung zur Reise aufrecht, indem ich zentriert und konzentriert bleibe. Ich gehe regelmäßig in die Natur, um mich zu verbinden, zu beten und mich zu erden. Ich übe mich darin, loszulassen, mich auf die größere Schwingung des Kosmos und der Erde einzustimmen.
Während ich singe, rufe ich den Großen Geist, das Licht und die Liebe des Universums durch meinen Gesang an, um euch dort zu erreichen, wo ihr in Zeit und Raum seid. Ich beabsichtige, eure Welt des Hörens, Sehens und Erlebens zu öffnen – um euch auf eine Reise mitzunehmen.
Höre den Dschungel, den Wind, die Pflanzen, die Berge, das Feuer, das Wasser. Höre den Herzschlag – deinen eigenen und den der Welt. Halte dein Herz leer und gleichzeitig voll.
Stell‘ dir vor, du würdest in einer Zeremonie diese Lieder als heilend empfinden. Nimm‘ dich in der Musik wahr, die durch deinen Körper, deine Organe, deinen Verstand, deinen Geist wandert – sie klärt und reinigt deine Energie.
Lausche… Lausche… Lausche auf den Klang der Stille und die Stille im Klang.«
Weitere Informationen: https://www.metsamusic.com/notes
Metsas Album »Contact«: https://www.metsamusic.com